Der Petticoat – ein Interview mit Petra Müller vom mainstreet Vintage Shop
Der Petticoat – Er ist bunt, weit, flauschig, kurz oder lang, jedoch oftmals unsichtbar und dennoch unverzichtbar und präsent! Galt er in den 50er und 60er Jahren nur als „Unterrock“ und durfte auf keinen Fall gezeigt werden, dient er heutzutage als Accessoire, modische Abrundung und blitzt oftmals unter den Kleidern hervor.
Wenn Ihr Petra im Laden besuchen und Euch die Petticoats direkt vor Ort ansehen wollt:
mainstreet Vintage Shop
Weberstr. 8
52134 Herzogenrath
Online unter: www.mainstreet-vintageshop.de
von Kirsten Schmitz
Der Petticoat
Galt er in den 50er und 60er Jahren nur als „Unterrock“ und durfte auf keinen Fall gezeigt werden, dient er heutzutage als Accessoire, modische Abrundung und blitzt oftmals unter den Kleidern hervor.
Der Petticoat (franz. petit „klein“ und engl. coat „Umhang“) wurde in den 50er Jahren geboren. Modeschöpfer wollten durch den Unterrock aus mehreren Lagen Tüll und Stoff den Damen von Welt eine neue, betontere Silhouette verleihen, so dass oftmals auch noch zusätzlich durch Mieder und Corsage die Mitte des Körpers betont wurde. Die sogenannte Sanduhren-Figur war das neue Ideal!
Das hatte zum einen den Vorteil, die weiblichen Kurven besser betonen zu können und zum anderen kleine Pölsterchen zu kaschieren. Damit ist der Petticoat für jede Figur und jedes Alter geeignet.
Passend zur Revolution der Jugend konnte der Petticoat beim Tanzen hoch fliegen und Ausblicke auf Damenbeine gewähren, die dem prüden Mittelklassebürger die Schamröte ins Gesicht trieb.
Ende der 60er Jahre wurde er jedoch durch den Minirock bzw. Minikleid ersetzt und geriet etwas in Vergessenheit.
Durch das Revival der Teddyboys und Girls in den 80er Jahren und das Wiederaufleben der Mode konnte der Petticoat entstaubt und aus dem Schrank geholt werden.
Aus dem mehrlagigen Unterrock mit Sattelteil (oberer schmaler Abschnitt) und dem unterem breiteren Teil wurde wieder der Star der Rock´n´Roll-Mode.
Und so sieht der heutige Petticoat aus: Spitzenverziert, mehrere Lagen Stoff und in vielen verschiedenen Farben erhältlich. Die Grundform ist gleich geblieben, ansonsten gibt es keine Grenzen mehr. So hat sicherlich jedes Teddygirl/Rockabella mindestens 2 – 3 verschiedene „Pettis“ im Schrank. Farbig passend zu Kleid oder Schuhen, mehrere Lagen Stoff oder eher dezent, leicht aufgeflauscht – alle ist möglich. So wie sich die Mode entwickelt hat, so entwickelte sich auch der Petticoat.
Damit ist aber immer noch nicht geklärt, ob er nun gesehen werden dürfte oder eben doch nicht.
Hierzu haben wir ein Interview mit Petra Müller vom mainstreet Vintage Shop geführt:
Rockin‘ and Rollin‘: Vielen Dank für Deine Zeit. Wie hat in Deinem Store alles angefangen?
Petra: Das war mehr Zufall oder Schicksal. Mein Mann und ich waren schon immer Oldtimer-Fans, haben durch unsere Werkstatt viele Oldtimer restauriert und sind auch Rallye gefahren. Wir haben uns auch stets passend zum Baujahr der Oldtimer gekleidet.
Als ich Ersatzteile aus den USA importieren musste, wurde ich auf einen kleinen Store aufmerksam, welcher in Handarbeit entsprechende Kleidung herstellte. Ich habe angefangen, also auch Bekleidung zu importieren, und so war 2017 der mainstreet Vintage Shop geboren.
Rockin‘ and Rollin‘: Ihr habt derzeit verschiedene Petticoats im Angebot. Gibt es aktuelle Trends oder Trendfarben?
Petra: Ja, wir haben aktuell hauptsächlich zwei Längen. Entweder 23 Inch (ca. 58 cm) und 26 Inch (ca. 66 cm) sowie auch alle Standardgrößen bis 6XL.
Farbtechnisch können wir auch fast alle Kundenwünsche erfüllen. Natürlich orientieren wir uns am deutschen Markt, was hier gewünscht wird.
Es gibt nicht jedes Jahr neue Trendfarben. Jedoch ab und zu bringen die Hersteller frischen Wind in die Farben.
Dieses Jahr sind z. B. neue Braun- und Grüntöne neu hinzugekommen.
Klassiker sind natürlich schwarz und weiß nach wie vor. Viele Damen entscheiden sich heute statt für den weißen Petticoats gerne für die Farbe „Champagner“. Das sieht etwas „weicher“ aus.
Rockin‘ and Rollin‘: Ist der Petticoat noch alltagstauglich oder wird oftmals darauf verzichtet und dieser nur zu besonderen Anlässen getragen?
Petra: Auch das ist ganz abhängig von den einzelnen Kundinnen. Generell muss man in das Tragen eines Petticoats „hereinwachsen“. Du kannst fast alle Kleider auch ohne „Petti“ tragen und damit steigen die Damen auch erst einmal in den Alltag ein. Wenn sie aber merken, dass das Kleid gleich ganz anderes durch den Unterrock fällt und aussieht, ist der Schritt zum alltäglichen Tragen des Petticoats nicht mehr weit.
Es gibt Kundinnen, die Kleider nur noch ausschließlich mit Petticoat tragen, auch im Alltag. Meiner Meinung nach ist er durchaus alltagstauglich und auch für den Fall des Kleides wichtig. Man fühlt sich weiblicher.
Das Tolle an einem Petticoat ist, dass er alters- und figurunabhängig getragen werden kann.
Rockin‘ and Rollin‘: Gibt es Tipps zur Pflege des Petticoats?
Petra: Ich persönlich wasche meine Petticoats mit kaltem Wasser und hänge diese nass auf.
Wichtig ist, dass sie nicht im Trockner landen und am besten bei 30 Grad Fein- oder Wollwaschgang in der Waschmaschine gewaschen werden.
Natürlich können sie sich aushängen, wenn man sie auf einem Bügel im Kleiderschrank aufhängt bzw. zusammengedrückt werden. Daher ist es besser für den „Petti“, wenn er in einem atmungsaktiven Stoffsack aufbewahrt wird – das ist natürlich auch viel Platz sparender.
Rockin‘ and Rollin‘: Die Frage aller Fragen: Darf der Petticoat zu sehen sein?
Petra (lacht): Das ist natürlich die Gretchen-Frage!
Also, eigentlich darf er nicht herausschauen, da er zur Unterwäsche gehört.
Aber: Auch die Mode hat sich im Laufe der Jahre verändert und angepasst. Teils sieht es sogar richtig niedlich aus, wenn man ein bisschen Petticoat sieht, finden viele Kundinnen.
Das Herausblitzen des Petticoats ist also kein Tabu mehr, der Petticoat ist sozusagen zum Accessoire geworden. Eingefleischte 50er-Jahre-Fans sehen das jedoch weiterhin anders.
Rockin‘ and Rollin‘: Vielen Dank für Deine Zeit und die tollen Informationen.