Elvis‘ Isana Gitarre – Interview mit Frank Ripke

Elvis Presley
Elvis Isana Gitarre

Oft sind es die kleinen Anekdoten, welche man bei einem gemütlichen Bierchen miteinander austauscht und aus denen dann sehr interessante Geschichten werden. So wie bei einem gemütlichen Grillabend mit Frank Ripke, Sänger und Gitarrist von Mr.Blue und den Badland Slingers, hier bei mir. Er sah ein Bild mit Elvis und seiner Gitarre an der Wand bei mir und fragte mich so ganz nebenbei, sage mal kennst du eigentlich die Geschichte der Gitarre auf diesem Bild? Ich verneinte und was Frank mir dann erzählte war so interessant, dass ich es gerne hier weitergeben möchte ...

Elvis Presley diente als Soldat vom 1. Oktober 1958 bis zum 2. März 1960 im 1st Medium Tank Bataillon/32nd Armor der 3. US-Panzerdivision in Friedberg. Zunächst wohnte er in Deutschland im Hotel Grunewald in Bad Nauheim, bevor er dann mit seinem Vater und seiner Großmutter sowie zwei Freunden im selben Ort ein Privathaus in der Goethestraße 14 anmietete. Ende 1958 kam es dann zu der Begebenheit, dass Elvis zusammen mit seinem Leibwächter zum Frankfurter Musikhaus Hummel fuhr. Da dieser Teil von Frankfurt dem Rotlichtbezirk zugeordnet war, blieb Elvis im Auto sitzen, während sein Leibwächter Lamar Fike ihm verschiedene Gitarren am Autofenster präsentierte. Nach einigem Hin und Her beschließt Elvis, diese muss es sein - eine edel schwarzglänzende Isana-Gitarre, nebst Koffer und einem dazugehörenden Dynachord-Verstärker. Gesagt, gekauft und mitgenommen. Da es aber eine reine Akustikgitarre war, er aber eine elektrisch verstärkte Gitarre benötigte, veränderte Elvis die Gitarre, indem er sie mit einem Tonabnehmer ausrüstete, was sie damit zu einem absoluten Einzelstück machte. Als Elvis dann wieder zurück in seine Heimat ging, verschenkte er sehr viele Sachen, unter anderen ging dann diese Gitarre samt Verstärker an ein Schwesterpaar. Januar 2006 gelang es, nach 20-jähriger reinster Detektivarbeit, Oskar Hentschel, Michael Knorr und Andreas Schröer, den Initiatoren des »Elvis Presley-Initativkreises« Gelsenkirchen« die Gitarre, den Koffer und auch den Verstärker wieder zusammenzubringen und der Sammlung des »Elvis Presley-Initativkreises« zuzufügen.

Doch damit nicht genug, sie wollten nicht mehr, dass Elvis Instrumente weiterhin stumm in den Vitrinen lagen, sondern einmal wieder mit ihren Sound erklingen lassen. Es kam die Idee, das Andreas Schröers zusammen mit den beiden »Mr.Blue« Musikern, Gitarrist Frank Ripke und Bassist Uwe Tenfelde eine ganz besondere Session machen wollten und noch einmal »Elvis Gitarre« zum »leben« erwecken wollten. Somit bekam Frank Ripke weltweit als erster Gitarrist die Chance, nach Elvis, diese besondere Gitarre spielen zu dürfen und zusammen mit Andreas Schröers und Uwe Tenfelde gab es dann 2006 für die 70 Gäste einen ganz besonderen Moment. Mit Elvis Songs wie »Mystery Train«; »Blue Moon of Kentucky«, »Good Rockin Tonight«, »Viva Las Vegas« und vielen anderen Highlights, gespielt auf Elvis schwarzglänzender Isana-Gitarre wurde das Konzert zu einem kleinen aber ganz außergewöhnlichen Augenblick.

Interview:

Frank Ripke

Frank Ripke
Sänger und Gitarrist von Mr.Blue und den Badland Slingers

 

 

rockin and rollin: Frank, wie ergab sich dieser besondere Moment, dass du als Sänger und Gitarrist mit Elvis Isana-Gitarre seine musikalischen Highlights spielen durftest?

Frank Ripke: Chris, in erster Linie konnte dieser Abend natürlich aufgrund der leidenschaftlichen Arbeit unserer Freunde vom EPIK Gelsenkirchen stattfinden. Eine solche Reliquie überhaupt ausfindig zu machen, und dann auch noch in den eigenen Fundus zu bekommen, ist ja schon für einen Elvis Fan eine Riesennummer. Wenn dann ein noch ein Gitarre spielender Elvis Fan dazukommt, man aus der gleichen Stadt kommt und seit Jahrzehnten die Liebe für die 50ties teilt, dann kann das schon mal eskalieren (lacht ^^). Andy (Schröer) rief mich also einfach irgendwann mal an und fragte mich, ob ich kurz mal Zeit hätte, eine Gitarre ansehen, checken ob sie einsatzfähig wäre…und ob ich Lust hätte, sie in kleiner Runde vor Publikum zu spielen. Als ich ihn dann fragte, um was für ein Modell es sich handeln würde, erzählte er mir kurz die Geschichte der Isana. Du kannst dir vorstellen, dass mir fast das Telefon aus der Hand gefallen wäre. Keine zehn Minuten später stand ich vor einem alten, angeranzten Gitarrenkoffer und dachte, das kann jetzt echt nicht wahr sein. Ich war ziemlich froh, dass ich Unrecht hatte.

rockin and rollin: Was für ein Gefühl war das, als du, als erster Gitarrist nach Elvis, diese Gitarre in deinen Händen zu halten und darauf zu spielen?

Frank Ripke: Gefühlsmäßig lief da sicherlich jede Menge ab. Es lässt sich einfach nicht auf das eine Gefühl reduzieren, wenn du dieses Instrument, im wahrsten Sinne des Wortes, begreifst. Und das machst du dann automatisch auf emotionaler, technischer, musikalischer und historischer Ebene… und das Ganze auch noch alles im gleichen Moment (lacht). Du öffnest den Koffer und denkst direkt daran, wie du die Tür deines alten Autos, in dem du unzählige Elvis Songs aus dem Kassettenradio gehört hast, öffnest: Es riecht sehr speziell, sehr angenehm, ehrwürdig…anders eben. Dann fasst du sie vorsichtig an und spürst direkt diese Ausstrahlung, die eben nur alte Sachen haben und sie sagt zu dir: „Na los, nimm mich, aber zerbrich mich nicht“. Das ist dann der Moment, in dem deine Hände so feucht werden, dass du Schiss hast, dass dir die Gitarre gleich aus den Händen rutscht. Dann fängst du an, auf ihr zu spielen und wirst von der technischen Seite her erst mal auf den Boden der Tatsachen zurückgeklatscht. Solche Gitarren wurden seiner Zeit leider nicht wegen ihrer überaus angenehmen Bespielbarkeit gebaut. Produktionstechnisch gesehen ist es eine deutsche »50er Jahre-Mittelklasse-Jazz-Schlaggitarre« aus der Serienfertigung, relativ unspektakulär… jedenfalls aus der wirtschaftlich-materiellen Sicht eines Vintage-Gitarren Sammlers. Aber definitiv mit einem unbezahlbaren ideellen Wert für den geneigten Fan…sie gehörte Elvis, er hat sie gespielt und ich durfte es nun auch. Von daher war es natürlich ein sehr intensives Gefühl, schaurig schön und irgendwie voller Energien, die sich treffen, aber ich will jetzt nicht ins esoterische abschwenken (lacht). Das bedeutete mir schon sehr viel, und sicher war ich auch ein wenig stolz darauf, dass gerade ich für diese Mission vom EPIK ausgewählt wurde. Diese Gitarre aus ihrem Koffer zu nehmen war für mich ein wenig wie die Szene bei „Christine“, als Arnie in der Schrauberhalle vor seinem Autowrack steht und sagt: »Komm schon, zeig’s mir!« Du wirst geflasht. Und dann spielst du einfach einen nach dem anderen Song vor dich hin, während die Zeit um dich rum stillsteht.

rockin and rollin: Wenn man so ein besonderes Musikinstrument in den Händen hält, hat man da nicht eine gewisse Ehrfurcht und behandelt es übervorsichtig, oder war es nach dem ersten Augenblick dann eine Gitarre wie viele andere auch?

Frank Ripke: Es ist schon genau, wie du sagst, alles geschieht etwas angespannter als sonst: Beim Anschlagen der Saiten passt du auf, bloß nicht den Korpus mit dem Plektrum zu berühren und Spuren zu hinterlassen, beim Ein- und Auspacken in den Koffer achtest du darauf, ja nicht an einem Verschluss vorbei zu schrammen. Beim Tragen des Koffers verkrampft sich deine Hand und von dem Moment, wo sie an einem Gurt vor deinem Bauch hängt, will ich gar nicht reden…das kennt zumindest jeder, dem einmal eine Gitarre beim Spielen vom Gurt abgegangen ist, aus welchem Grund auch immer – es ist ein Albtraum, vor allem, wenn es vor Publikum passiert – ich weiß, wovon ich rede (lacht). Du steckst beim Spielen auch keine Zigaretten an die Kopfplatte und die üblichen artistischen Einlagen fallen sowieso unter den Tisch. Und selbstverständlich sorgst du dafür, dass deine Gürtelschnalle auf keinen Fall in Kontakt mit dem Boden (Rückseite) der Gitarre kommt, das kann durchaus sehr hässliche Kratzer hinterlassen. Das soll aber keinesfalls heißen, dass es mir bei „normalen“ Gitarren egal wäre, wie ich mit ihnen umgehe. Ich schätze und achte sie genauso, sie gehören aber auch bestenfalls mir und im Ernstfall muss ich nur mir gegenüber Rechenschaft ablegen, wenn was verrutscht… da zählte mehr die Tatsache, ein Leihinstrument zu spielen. Wenn es dann noch eine solche Geschichte hat, steigt natürlich die Achtsamkeit enorm. Somit hat es auch durchaus einen Moment gebraucht, um bei dem Konzert eine gewisse Gelassenheit zu finden und einfach in die Musik einzutauchen, ohne permanent zu denken: Oh, hoffentlich passiert nichts mit der Gitarre. Aber ich denke, das habe ich mit Hilfe von Andy, Uwe und des Publikums dann auch schnell geschafft. Wir spielten einfach drauf los, die Leute feierten euphorisch mit und auch Andy, er hat eine tolle Stimme, sang einige Nummern mit Uwe und mir zusammen. Im Laufe des Auftritts kam ich aber auch schnell in den Flow, und somit verschwand auch dann die Besonderheit des Instruments, wenn‘s rollt, kriegst du außer der Musik eh nicht mehr viel mit (lacht). Es wurde mir erst wieder richtig bewusst, als ich sie spät abends wieder, natürlich sehr vorsichtig, in ihren Koffer zurücklegte. Zumindest verlief der Abend glücklicherweise ohne technische Probleme und ohne Schäden an der Isana, so hatten wir es uns alle aber auch gewünscht.

rockin and rollin: Nachdem die Gitarre ja 20 Jahre »verschollen« war, in welchen Zustand war sie gewesen?

Frank Ripke: Für diese lange Zeit der Lagerung war sie in einem bemerkenswert guten Zustand. Anscheinend lag sie all die ganzen Jahre in einem einigermaßen temperaturbeständigen Raum, irgendwo im Schrank, unterm Bett oder sonst wo, aber wohl auf jeden Fall immer in ihrem Koffer, und genau das hat ihr sicherlich das Leben gerettet. Sie war dadurch optimal vor äußeren Einflüssen geschützt und machte dadurch einen sehr gesunden Eindruck. Keine Risse im Korpus, keine Kratzer und auch keine Dellen und Macken oder Ähnliches. Es stellte sich heraus, dass die Saiten offensichtlich noch nie gewechselt wurden, zumindest fühlten sie sich so an, und ein oder zwei Saitenreiter aus der Brücke fehlten. Diese als Ersatzteile zu beschaffen war jedoch kein großes Problem. Schwieriger war es, ein entsprechendes Kabel für den seinerzeit nachgerüsteten Tonabnehmer und den dazugehörigen Dynacord Gitarren-Verstärker zu finden. Ein weiteres großes Risiko bei längerer Lagerung solcher Gitarren liegt in der enormen Zugkraft der Saiten, die sich sehr ungünstig auf die Krümmung des Halses und der Form der Decke (Vorderseite) eines derartig konstruierten Instruments auswirken können, im ungünstigsten Fall bis hin zum irreparablen Schaden. Aber auch in dieser Hinsicht war bei der Isana alles in Ordnung. Oft befinden sich bei so alten Gitarren auch das Griffbrett und diverse Anbauteile in eher vergammelten und bemitleidenswerten Zustand, selbst da reichte ein Tuch, um den alten Glanz wieder hervorzubringen. Zusätzlich befand sich im Koffer noch so was wie »Case Candy« in Form original verpackter Saiten, alten Plektren und einem Handtuch aus einem Hotel in Bad Nauheim. Es brauchte also weder viel Zeit noch Geld, diese Schönheit aus ihrem Tiefschlaf wach zu küssen und für die Bühne einsatzfähig zu machen.

rockin and rollin: Ihr habt dann eine Session mit Elvis musikalischen Highlights gegeben und eigentlich wolltet ihr nur ein Set spielen, aber die Gäste waren so begeistert, dass ihr nach kurzer Pause ein weiteres Set gespielt habt. Wie war die Session für dich aus der Sicht des Musikers gewesen?

Frank Ripke: Nun, wir haben schon vorher einige Abende mit »Mr. Blue« auf der Bühne verbracht, wo es um puristischen Rockabilly Sound im Stil von Sun Records ging, vornehmlich Elvis Songs, obwohl wir ja keine Szene-Band im eigentlichen Sinne sind. Was an diesem Abend allerdings anders war, war natürlich der Anlass und die eigentliche Idee, nur eine Art „Ständchen“ zu geben, um es mal so zu sagen. Das auf Kontrabass, Gitarre und Gesang reduzierte Setup der Band konnte den Geist der frühen Elvis Aufnahmen ja auch perfekt widerspiegeln. »Reduce to the Max«, weniger ist oft mehr, und genau das traf an diesem speziellen Abend offensichtlich die Erwartungen und das Herz der Zuhörer. Das funktionierte dann, speziell bei den Zugaben, auch sehr gut mit den Elvis-Titeln aus der Zeit, die mit dem ursprünglichen Sun Sound nicht mehr viel zu tun hatten. Der Fokus lag ja auch eher auf der Isana, weniger auf dem Setting der Band an sich. In so einer Situation, die schon fast einen vollakustischen (ohne jegliche Verstärkung der Instrumente) Charakter hatte, kannst du dich nicht mal kurz hinter der Lautstärke weiterer Instrumente wie Schlagzeug oder einer zusätzlichen E-Gitarre „verstecken“, da kannst du nichts kaschieren, das ist dann so nah am Publikum, als wenn du bei den Leuten auf dem Schoß sitzt (lacht). Als dann Andy noch ein paar Stücke mit Uwe und mir sang, kam auch noch der spontane Aspekt dazu, der dich aus deiner Komfort-Zone schubst und somit nochmal anfeuert. Andy ist ein toller Sänger, und soweit ich weiß, hat er sogar schon mal zusammen mit den »Jordanaires« eine CD eingesungen, das soll schon was heißen. Alles in allem ein sehr intensives Erlebnis, ohne Filter, ohne Effekte und mit purer Leidenschaft zur Musik auf beiden Seiten. Das hätte noch Stunden so weiter gehen können…

rockin and rollin: Wo kann man Elvis Isana-Gitarre jetzt besichtigen?

Frank Ripke: Nachdem sie eine Zeit lang im deutschen Rock und Pop Museum in Gronau ausgestellt war, befindet sie sich nun wieder bei Andy zuhause, in Good Old Rock City Gelsenkirchen (lacht). Der EPIK ist natürlich auch mit kürzeren Ausstellungen der zahlreichen Exponate fleißig unterwegs, bei zeitlich längeren Ausstellungen ist es aber auch immer schwierig, einen passenden Raum zu finden und die dafür nötige Finanzierung zu stemmen. Vielleicht hat ja jemand aus der Leserschaft eine zündende Idee oder eine passende Connection, wer weiß, ich stehe da gerne als Kontaktperson zur Verfügung. Der nächste öffentliche Termin der Isana wird aber laut Andy im Januar 2018 in Wien sein, entsprechende Info dazu wird man im WWW sicherlich finden.

rockin and rollin: Die Gitarre von Elvis in den Händen zu halten, ist sicherlich für einen Musiker und Gitarristen etwas ganz Besonderes, wo nur sehr wenige dazu in den Genuss kommen. Gibt es noch ein weiteres berühmtes Musikinstrument, auf dem du gerne einmal spielen möchtest?

Frank Ripke: Chris, da muss ich nicht lange überlegen. Ich denke, einmal eine ES 335 von Mr. Chuck Berry spielen zu dürfen, wäre absolut mein Traum. Nur kann ich mir jetzt leider echt schlecht vorstellen, wie so eine Möglichkeit jemals zustande kommen sollte. Aber wie du siehst, man weiß ja nie… das würde mich dann aber auch definitiv komplett den Verstand verlieren lassen (lacht).

rockin and rollin: Frank, ich danke dir sehr für das Gespräch!

Frank Ripke: Sehr gerne, Chris.